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Dr. Patricia Sitzenstock
25 Juli 2024 Lesezeit 5 Minuten

Grundbedürfnisse eines Pferdes

„Warum verhält sich mein Pferd so, wie es sich gerade verhält?“ Diese Frage hat sich bestimmt schon jeder Pferdebesitzer das eine oder andere Mal gefragt.

Pferde sind nicht grundlos aggressiv, ängstlich oder respektlos. Hinter jedem Verhalten steckt eine Motivation, bzw. ein Bedürfnis, das erfüllt werden möchte. Werden die Grundbedürfnisse deines Pferdes auf artgerechte Weise erfüllt, so wird dieses in der Regel auch mit einem akzeptablen Verhalten erwidert. Werden die Bedürfnisse langfristig nicht erfüllt, kann sich dies in negativem Verhalten, wie z.B. Wegrennen, Treten, Beißen oder Bocken, widerspiegeln.

Hier ist es besonders wichtig, nach der Ursache zu suchen: Was steckt hinter dem Verhalten deines Pferdes? Wodurch wird es ausgelöst? Und wie kannst du dieses Verhalten deines Pferdes positiv beeinflussen? Ein zielgerichtetes Verhalten wird beim Pferd durch bestimmte Reize ausgelöst. Sind diese Ziele erreicht, wird das Verhalten beendet. Daher ist es wichtig, ein positives Verhalten langfristig zu erhalten, zu bestärken und die entsprechenden Reize auszulösen.

Teamwork zwischen Mensch und Pferd lebt davon, dass du dich für dein Pferd und seine Umgebung interessierst, es verstehst und seine Bedürfnisse ernst nehmen möchtest. Lasse dein Pferd „Pferd“ sein, dann ist es eine Leichtigkeit zu erkennen, welche Grundbedürfnisse du bei deinem Pferd stillen musst.

Welche Grundbedürfnisse hat denn nun ein Pferd?

Die Grundbedürfnisse von Pferden können in zwei Kategorien eingeteilt werden: haltungsrelevante Grundbedürfnisse und emotionale Grundbedürfnisse. Beide Kategorien sind allerdings sehr eng mit einander verknüpft, so dass z.B. aus den Haltungsbedingungen das Verhalten Ihres Pferdes resultiert.

Haltungsrelevante Grundbedürfnisse

  • Artgerechte Ernährung mit einer ausgewogenen Fütterung

Pferde sind Pflanzen- und Dauerfresser. In der freien Natur verbringen sie daher täglich mehr als 16 Stunden mit fressen. Typisch hierbei ist, dass sich Pferde beim Grasen langsam, aber stetig vorwärts bewegen.

Um dem natürlichen Fressverhalten von Pferden gerecht zu werden, benötigt es ein abwechslungsreiches und vor allem rohfaserreiches Nahrungsangebot. Je mehr Kaubewegungen ein Pferd pro Mahlzeit tätigen muss und je länger es mit Fressen beschäftigt ist, desto mehr wird dieses wichtige Grundbedürfnis der Nahrungsaufnahme gestillt. Vermeiden Sie daher lange Fresspausen.

Eine ausgewogene Fütterung sollte in erster Linie aus Raufutter bestehen. Ein Pferd benötigt 1,5-2,0% seines Körpergewichts an Raufutter (Trockenmasse). Also benötigt ein 600kg schweres Pferd 9-12kg Raufutter (Trockenmasse). Heu hat einen Trockenmassegehalt von 85%, so dass Ihr Pferd 12-14kg Heu pro Tag benötigt, wenn es kein Gras bekommt. Bei Weidegang ändert sich die Berechnung entsprechend. Mit einer raufaserhaltigen Fütterung gewährleistest du eine lange Kautätigkeit und eine Grundzufriedenheit deines Pferdes.

  • Energiebedarf des Pferdes decken

Bei der Berechnung des Energiebedarfs deines Pferdes sind die Arbeitsmenge und die Haltungsbedingungen ausschlaggebend. Sportpferde und Zuchtpferde (Stuten mit Fohlen) benötigen oft ergänzend Energie und/oder Eiweiß in Form von Kraftfutter. Ein Freizeitpferd kann prima mit einer Ernährung basierend auf gutem Raufutter und einigen zusätzlichen Mineralien und Vitaminen, z.B. aus speziellen Briketts, auskommen. Nicht nur als Raufutterersatz, sondern auch als zusätzlicher Energielieferant, eignet sich auch die Fütterung von Heucobs. Pavo FibreNuggets Heucobs können sowohl trocken als auch eingeweicht gefüttert werden und sind zudem reich an Ballaststoffen, natürlichen Vitaminen und Spurenelementen. Sollte dein Freizeitpferd darüber hinaus noch Kraftfutter benötigen, ist ein rohfaserhaltiges Futter, wie z.B. Pavo Nature´s Best oder die energiearmen Müslisorten Pavo Care4Life sowie Pavo EasyMix empfehlenswert.

Der Energiebedarf von Sportpferden liegt - abhängig von der Intensität der Arbeit - zwischen 102,3 MJ und 158,5 MJ (Energiewert Pferd) pro Tag. Eine Heu-Futterwert-Untersuchung zeigt, dass Heu-Mengen durchschnittlich pro Kilogramm 6,80 MJ (8,8 MJ pro kg Trockenmasse) enthalten. Möchtest du also den Energiebedarf von 102,3 MJ pro Tag decken, musst du 15kg Heu an dein Pferd verfüttern. Die Deckung eines höheren Energiebedarfs rein über Heu ist in der Regel nicht umsetzbar, so dass Sportpferde dann im Allgemeinen zusätzlich ein Kraftfutter, wie das Pavo AllSports oder das Pavo SportsFit, zur Deckung des höheren Bedarfs benötigen.

  • Eiweißgehalt im Futter

Eiweiß ist ein essentieller Baustein für den Körper. Er spielt eine wichtige Rolle bei der Regeneration von Gewebe und beim Muskelaufbau. Der gesamte Eiweißgehalt im Raufutter muss für Pferde mit normaler Arbeit mindestens 60g pro kg Trockenmasse betragen. Bei Zuchtstuten und Sportpferden sollte der Eiweißgehalt vorzugsweise sogar bei über 100g pro kg Trockenmasse liegen.

  • Zuckergehalt im Futter

Die größte Zuckermenge nehmen Pferde an einem Tag über Gras oder Heu auf. Durchschnittlich befindet sich in Heu 100g Zucker pro kg Trockenmasse. Anders ausgedrückt: 10% der Trockenmasse im Heu besteht aus Zucker. Wenn dein Pferd 10kg Trockenmasse Heu aufnimmt (entspricht ungefähr 11,5kg Heu), verzehrt es 1kg Zucker. Steht dein Pferd ganztägig auf der Weide, nimmt es mindestens 2kg Zucker/Tag auf.

  • Artgerechte Haltung und Bewegung für dein Pferd

Pferde sind Bewegungstiere. In der freien Natur erfolgt beim Pferd die Futteraufnahme durch langsame Fortbewegung. Somit bewegt es sich am Tag mindestens 16 Stunden voran. Nicht nur die Psyche, sondern auch die körperlichen Gegebenheiten, wie das Herz-Kreislaufsystem des Pferdes, sind auf dieses Grundbedürfnis der Bewegung ausgelegt. Fehlt deinem Pferd die Bewegung, kann dies zu Erkrankungen des Bewegungsapparats, Überfettung sowie Verhaltensstörungen führen.

Achte bei der Stallhaltung darauf, dass dein Pferd ausreichend Weidegang genießen kann, die Box groß genug sowie Tageslicht durchflutet ist und vor allem ein gutes Luftklima für gesunde Atemwege hat.

Für die Tiefschlafphase legen sich Pferde gern ausgetreckt hin. Einerseits ist also genügend Platz wichtig, andererseits muss sich ein Pferd auch ausreichend sicher in seinem Zuhause fühlen, um sich hinlegen und schlafen zu können.

Biete deinem Pferd auch genügend Platz, damit es seine eigene „Raumeinteilung“ vornehmen kann. Pferde teilen ihren Platz gern in verschiedene Bereiche ein: an einer Stelle wird geschlafen, an der anderen gefressen. Dann gibt es noch Bereiche zum Wälzen oder aber auch zum Äppeln.

Emotionale Grundbedürfnisse

  • Soziale Kontakte

Pferde sind Herdentiere. Sie benötigen Kontakte, um sich ein ausgeprägtes positives Sozialverhalten aneignen zu können. In einer sicheren Umgebung mit einer ausgeglichenen Herde kann sich dein Pferd ideal entspannen und die nötige Ruhe finden.

  • Sicherheit

Der Aspekt „Sicherheit“ spielt für Pferde eine große Rolle und ist neben der Nahrungsaufnahme eines der wichtigsten Grundbedürfnisse. Außer dem Bedürfnis des sozialen Kontakts, benötigt dein Pferd die Herde auch zu seiner Sicherheit. Denn wie heißt es immer so schön? Nur gemeinsam ist man stark! Biete deinem Pferd und seiner Herde außerdem eine sichere Umgebung. Pferde sollten nicht das Gefühl haben, ständig aufpassen zu müssen oder sogar in Gefahr zu sein. Dies führt nur zu einem erheblichen Stresspotential.

Aber auch du als Besitzer spielst eine ganz entscheidende Rolle beim Sicherheitsgefühl deines Pferdes. Gerade Pferde sind unglaublich sensibel und feinfühlig. Sie brauchen Vertrauen, um sich sicher zu fühlen. Strahlst du Ruhe, Selbstverständlichkeit und Klarheit aus, so überträgt sich dies unmittelbar auf dein Pferd. Schaffe Vertrauen und biete deinem Pferd eine konsequente Führung. Gute Führungskompetenzen zeichnen sich unter anderem durch eine gute Wahrnehmungsfähigkeit, Kontrolle der eigenen Emotionen, vorausschauendes und umsichtiges Denken, Entscheidungsfreudigkeit, Timing, Durchsetzungsfähigkeit kombiniert mit Fairness und die Wertschätzung des Pferdes aus.

  • Abwechslung

Auch Pferde möchten gefördert werden und dazulernen. Bei Unterforderung entstehen sonst Langeweile, Frust oder Aggressionen. Hierbei geht es nicht darum, dass du dein Pferd rund um die Uhr bespaßen musst, aber es liegt natürlich als Besitzer in deiner Verantwortung, deinem Pferd das entsprechende Umfeld zu schaffen, in dem es verschiedene Möglichkeiten hat. Komme auch mal Weg vom ständig disziplinierten Training und unternehme mit deinem Pferd zur Abwechslung mal was Schönes, z.B. ein entspannter Ausritt durch den Wald oder ein Spiele-Parcours. Dies schafft Leichtigkeit und Freude auf beiden Seiten und sorgt für neue Motivation bei der Arbeit.

Was für ein Bedürfnistyp ist dein Pferd?

Bei jedem Pferd sind die Grundbedürfnisse anders ausgeprägt. Daher ist es wichtig, Pferde nicht zu pauschalisieren, sondern sich individuell auf ihre Bedürfnisse einzustellen.

  1. Achte darauf, wie dein Pferd auf Veränderungen reagiert. Ist es unsicher, ängstlich, interessiert, aggressiv oder neutral?
  2. Achte darauf, wir dein Pferd auf Fremde reagiert. Lässt es sich von Fremden anfassen, ist es freundlich, aufdringlich oder sogar distanzlos?
  3. Achte darauf, ob sich dein Pferd gut von Artgenossen trennen kann. Konzentriert es sich dann auf dich, ist es unsicher, abgelenkt oder lässt es sich sogar gar nicht ohne andere Pferde arbeiten?
  4. Achte darauf, was bei deinem Pferd typische Verhaltensmuster sind. Lässt sich dein Pferd schwer motivieren, ist es nervös, hat es vor allem Angst, ist es stur oder faul?
  5. Achte darauf, an welchen Orten sich dein Pferd am liebsten aufhält. Steht es mit der Herde zusammen oder immer abseits, steht es lieber in der Sonne, im Regen oder in Futterplatznähe?
  6. Achte darauf, wir dein Pferd auf dich reagiert. Ist es ein Spiegelbild d einer Seele, so dass es nur ruhig und konzentriert ist, wenn du es auch bist?
  7. Achte darauf, was die Lieblingsbeschäftigung deines Pferdes ist. Wird es lieber geritten oder liegt ihm die Bodenarbeit mehr, ruht es sich gern aus oder denkt es nur an Fressen?
  8. Achte darauf, was dein Pferd gar nicht mag. Wird es nicht gern angefasst oder geputzt, ist dein Pferd schnell gelangweilt oder ist in einer großen Herde gestresst?
  9. Achte darauf, wer von euch die „Zügel in der Hand“ hat. Hört dein Pferd dir zu, ist es willig, respektvoll und gehorsam?

Was schätzt du besonders an deinem Pferd? Nutze genau diese Stärken und fördere diese. Dein Pferd wird dadurch positiv bestärkt und kann sich so im Rahmen seiner individuellen Grundbedürfnisse entfalten.

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